Laut ver.di fehlen mindestens 1600 Stellen in Bremens Krankenhäusern. Was möchtest du tun, um den Personalmangel zu bekämpfen?

Öffentlichkeitsarbeit muss betrieben werden. Menschen verlassen sich darauf, was andere sagen; wenn eine Sache - in diesem Fall ein Beruf - schlecht geredet wird und die Umstände in denen man arbeiten muss die Oberhand gewinnen, tritt der typische Effekt ein, dass es irrelevant ist, dass viele Gute Dinge passieren, wenn nur ein Schlechtes geschah. Dass wir viel tun müssen steht ausser Frage, doch nur das Negative an die Öffentlichkeit zu tragen ist der Falsche weg, wenn doch gleichzeitig so viel Positives jeden Tag passiert.

Bist du für eine gesetzliche oder tarifliche Personalbemessung? Wenn ja, welche Maßnahmen möchtest du ergreifen, um eine solche zu erreichen?

Ja, eine gesetzliche Personalbemessung ist zwingend notwendig, um eine adäquate Pflege gegenüber Patienten/Bewohnern zu gewährleisten. Es muss Druck gemacht werden, sowohl im Land, wie auch im Bund. Verantwortliche Personen - dazu Zähle ich Direktionen, Politiker des Bundes und der Länder, dürfen sich nicht allein aif Äußerungen von außen verlassen - sie müssen in Geschehen mitwirken, sehen, was passiert, wie es passiert und müssen als Verantwortliche verpflichtet werden, den Alltag zu begreifen. Vertreter der Berufe - und damit meine ich Jene, die täglich auf Station stehen - müssen sich mit dem Senat zusammensetzen (dürfen); es reicht nicht aus, sich auf Studien, Protokolle und Ansichten derer zu verlassen, die praktisch nur theoretisch Ahnung von der Materie haben.

Immer mehr Kolleg*innen beklagen sich, dass die Arbeit in der Nachtschicht alleine nicht zu bewältigen ist. Wie stehst du zu der Sofortmaßnahme „Keine Nacht allein“, und welche Möglichkeiten siehst du, das durchzusetzen?

Das in der Nacht eine Pflegekraft für 50 und mehr Patienten/Bewohner verantwortlich ist, ist nachweislich unverantwortlich. In Krankenhäusern stellt dieses Problem noch einen höheren Unverantwortlichkeitsfaktor dar, als in Pflegeeinrichtungen, da es in Krankenhäusern häufig auch um kritische Fälle geht. Es muss eine Grenze eingeführt werden, das Personal muss medizinisch mindestens einjährig ausgebildet sein, eine Fachkraft ist Pflicht. Es wäre sinnvoll einen nächtlichen Schlüssel von 30/2 einzuführen, wobei es sich um eine Fachkraft plus eine einjährig ausgebildete Pflegekraft handelt. Durchsetzbar ist dies durch gesunden Menschenverstand. Dauernachtwachen müssen berichten, Berichte müssen offen getragen werden, Anhörungen müssen erfolgen, Sachverständige gehört werden aber wesentlich wichtiger: Die Bremer Landesverfassung vergibt die gesamte Macht dem Volk. Ergo: Volksentscheide für vorgebrachte Gesetzesentwürfe.

Krankenhäuser stehen unter enormem ökonomischen Druck. Wie könnte man diesen überwinden?

Krankenhäuser, wie auch Pflegeeinrichtungen dürfen schlichtweg nicht dem privaten Mann gehören - Gesundheit gehört in öffentliche Hand, Kliniken müssen von Städten, Ländern und vom Bund verwaltet und beaufsichtigt werden.

Wie kann verhindert werden, dass unter diesem ökonomischen Druck die Interessen von Patient*innen und Beschäftigten unter die Räder geraten?

Ärzten und dem Pflegepersonal muss die Möglichkeit geboten und erhalten werden, Entscheidungen unabhängig der Lukrativität zum Wohle des Patienten/Bewohners treffen zu können. Solange Verwaltungspersonal, ohne medizinische Fachausbildung, die Entscheidung für Patient, Arzt und Pflegekraft fällt, bleibt ökonomischer Druck bestehen. Ein sachgerecht und fachlich behandelter Patient ist seltener Krank und kostet dem Gesundheitssystem auf Dauer weniger - nicht "Sparen" ist das Stichwort, sondern "Investition".

Wie stehst du zu der Forderung, dass das Gesundheitssystem in öffentliche Hand gehört? Bist du für die Rekommunalisierung privatisierter Häuser und ausgegliederter Bereiche?

Ganz eindeutig: Ja! Warum führte ich oben bereits aus.