Laut ver.di fehlen mindestens 1600 Stellen in Bremens Krankenhäusern. Was möchtest du tun, um den Personalmangel zu bekämpfen?

im kbm gibt es leider keine persönlichkeitswahl, sondern eine listenwahl. 2 kolleg*innen vom bremer bündnis für mehr personal im krankenhaus stehen auf dieser ver.di/marburger liste. daher bräuchten im kbm die kolleg*innen keine persönlichen stellungnahmen abzugeben, sollten es aber dennoch tun. ich bin aktiv in der ver.di betriebsgruppe im kbm und die mitbegründerin und sprecherin des bündnisses für mehr personal im krankenhaus. wir haben deswegen das bündnis gegründet, weil wir auch kolleg*innen dabei haben wollen, die (noch) nicht bei ver.di sind. dies ist mir wichtig. und es ist mir auch wichtig, dass wir für alle bremer krankenhäuser, ausgelagerte servicebereiche (z.b. reinigungskräfte) und pflegeeinrichtungen (altenpflege, ambulante pflege) offen sind. es ist ja bekannt, dass in den krankenhausern nur 10 bis 15 % der beschäftigen in der gewerkschaft organisiert sind. solche bündnisse, regional und bundesweit, in zusammenarbeit mit ver.di sind für die kämpfe für eine tarifliche personalbemessung und gegen die krankmachenden arbeitsbedingungen von wichtiger funktion. in bremen trifft sich das bündnis immer am ersten mittwoch eines monats um 17.30 uhr, in der regel im dgb haus in der nähe am hauptbahnhof. es ist ein offenes treffen für jede kolleg*in im gesundsheitsbereich und für solidarische menschen. ihr könnt auf unserer internetseite www.mehr-krankenhauspersonal-bremen.de nachlesen, was wir seit unserer gründung im sommer 2017 gemacht haben und welche aktivitäten wir in absehbarer zukunft entfalten werden. den personalmangel werden wir nur bekämpfen können durch bundesweite streiks im krankenhaus und in den weiteren gesundheitsbereichen. als vorstufe die strategie von ver.di die streiks kontinuierlich auszuweiten bzw. immer weitere krankenhauseinrichtungen und pflegeeinrichtungen einzubeziehen finde ich gut. aber die gewerkschaft muss aber auch bereit sein, die arbeitskämpfe eskalieren zu lassen. ich bin bereit für arbeitskämpfe und versuche meine kolleg*innen im kbm sie dafür zu sensibilisieren. die pflegekräfte haben die schnauze so gestrichen voll, sie können nicht mehr. ich kenne viele kolleg*innen, die auf grund dieser miesen arbeitsbedingungen krank wurden. oder sie flüchten in teilzeitarbeit oder ergreifen gänzlich einen anderen beruf, weil sie ganz einfach dem arbeitsdruck nicht mehr aushalten. viele warten auf ein signal, auf den funken. aber leider ist es auch noch realität, dass einige von betriebsräten und/oder ver.di betriebsgruppen z.b. in geno-krankenhäusern gegen das bremer bündnis wettern. dies ist kontraproduktiv und spaltet die belegschaft. gerade im kampf für mehr personal und gegen die schlechten arbeitsbedingungen ist eine solidarische einheit wichtig. ich erwarte vom bremer senat, dass sie sofortmassnahmen ergreift, um die rund 1600 offene stellen in den bremer krankenhäusern kurzfristig zu besetzen, bis eine tarifliche und gesetzliche personalbemessung erkämpft wurde. liebe kolleg*innen, es ist wichtig, dass ihr bis dahin in jeder schicht eine überlastungs bzw. gefährdungsanzeige schreibt, so lange bis die medizinischen, hygenischen und pflegrischen standards zu 100 % erfüllt sind. so dokumentiert ihr und zeigt an, dass ihr als personal und die patient*innen gefährdet sind. fakt ist auch, dass in fast jeder schicht keine pause genommen werden kann oder die pausenzeiten nicht eingehalten werden können. auch dieses solltet ihr auf eurem dienstplan vermerken. leider bringen solche überlastungsanzeigen kurzfristig keine entlastung bzw. mehr personal. aber es eröffnet den betriebsräten, weitere massnahmen zu ergreifen. was die pflegekräfte tun können, ist im guten ver.di praxisheft "hilfe zur selbsthilfe bei überlastung und personalnot" beschrieben. dieses heft solltet ihr euch unbedingt besorgen.

Bist du für eine gesetzliche oder tarifliche Personalbemessung? Wenn ja, welche Maßnahmen möchtest du ergreifen, um eine solche zu erreichen?

der erste schritt ist die tarifliche personalbemessung bundesweit. ich glaube, nur in einer tariflichen auseinandersetzung, durch den gesellschaftlichen politischen druck in form von bundesweiten streiks z.b. in den krankenhäusern können wir diese tarifliche personalbemessung erreichen. eine bundesweite vernetzung aller bündnisse ist eine voraussetzung. viel mehr kolleg*innnen müssen mitglied bei ver.di sein bzw. werden. eine bundesweite bündnisbewegung und eine starke gewerkschaft sind zwei entscheidene faktoren im kampf für mehr personal im krankenhaus, im gesundheitsbereich und im kampf gegen die krankmachenden arbeitsbedingungen. wenn wir dies erkämpft haben, kommt der 2. schritt. dann muss diese personalbemessung gesetzlich verankert werden. ohne uns pflegekräfte wird z.b. im krankenhaus nichts laufen. wir müssen für uns wieder so ein selbstbewusstsein und so eine stärke erlernen, entwickeln, denn wenn wir wollen, stehen alle räder still. wir haben die macht. wir stellen die bedingungen. die arbeitgeber brauchen uns. wir müssen endlich unsere resignation und mutlosigkeit überwinden. lasst uns alle vom sofa erheben. gemeinsam sind wir stark. solidarität ist eine waffe. eine spaltung unter der kolleg*innen im gesundheitsbereich ist kontraproduktiv.

Immer mehr Kolleg*innen beklagen sich, dass die Arbeit in der Nachtschicht alleine nicht zu bewältigen ist. Wie stehst du zu der Sofortmaßnahme „Keine Nacht allein“, und welche Möglichkeiten siehst du, das durchzusetzen?

es ist ein unding, dass auf einer sog. normalstation eine pflegekraft alleine arbeitet. es ist unverantwortlich, einfach unmenschlich gegenüber der pflegekraft und den patient*innen. es müssen mindestens 2 pflegekräfte auf diesen stationen in der nacht arbeiten. schon heute haben die betriebsräte nach der arbeitsschutzgesetz §5 die möglichkeit, gegen solche gefährdungssituationen schritte einzuleiten, um die pflegekraft physisch und psychisch nicht zu gefährden. die pflegekräfte müssten diese ständig beim betriebsrat anzeigen. der wiederum muss versuchen, in den betrieblichen einigungsstellen und/oder bei arbeitsgerichten für verbesserungen einzutreten bzw. gegen die arbeitgeberverfehlungen vorzugehen bzw. sie zu überprüfen zu lassen. die sanktionen von drohenden ordnungsgelder müssen drastisch erhöht werden. auch dieser punkt ist bei der tarifkampagne entlastung und im kampf für eine tarifliche personalbemessung (personalschlüssel patient*in zu pflegekraft) ein wichtiges anliegen.

Krankenhäuser stehen unter enormem ökonomischen Druck. Wie könnte man diesen überwinden?

ganz einfach. die fallpauschalen (DRG`s) abschaffen. es kann und darf nicht sein, dass mit der krankheit des menschen profit gemacht wird. der gesundheitsbereich gehört zu 100 % in öffentlicher hand.

Wie kann verhindert werden, dass unter diesem ökonomischen Druck die Interessen von Patient*innen und Beschäftigten unter die Räder geraten?

siehe auch meine antworten bei den vorherigen fragen. das gesundheitswesen muss solidarisch finanziert werden. es müssen dann demokratische, transparente und auch parlamentarische strukturen aufgebaut werden, die das gesundheitssystem ständig begleiten und "beaufsichtigen".

Wie stehst du zu der Forderung, dass das Gesundheitssystem in öffentliche Hand gehört? Bist du für die Rekommunalisierung privatisierter Häuser und ausgegliederter Bereiche?

zu diesem punkt habe ich mich ja schon geäußert. alle noch vorhandenen einrichtungen im gesundheitsbereich müssen in öffentlicher hand bleiben und die anderen schon privatisierten und ausgegliederten einrichtungen müssen selbstverständlich wieder vollkommen zum öffentlichen dienst gehören. das krankenhaus, der gesundheitsbereich ist keine fabrik zum geldverdienen, in der die arbeitskraft ausgebeutet wird. gesundheit ist das höchste gut, es ist ein menschenrecht. gesundheit ist keine ware.